Wie viele Helden benötigen wir für kulturelle Veränderungen?

Der japanische Umweltminister Shinjiro Koizumi, Sohn des ehemaligen Premierministers Junichiro Koizumi, kündigte vor kurzem an, dass er Vaterschaftsurlaub in Anspruch nehmen wird, sobald sein Sohn das Licht der Welt erblickt. Mit dieser Ankündigung erhielt er auf ungewöhnliche Weise große internationale Aufmerksamkeit.
Auch wenn es jedem Japaner zustehen würde ein ganzes Jahr dafür in Anspruch zu nehmen und in der Zeit weiterhin 80 % des Grundgehaltes zu kassieren, nehmen dies nur 6 % aller japanischen Männer in Anspruch.

In Europa ist ein Jahr Elternzeit, die sich Mutter und Vater teilen können, die Norm. In den USA hingegen können frisch gebackene Mütter von 12 Monaten Mutterschaftsurlaub nur träumen. Ganz zu schweigen davon, dass beide Eltern sich die Zeit mit ihren Neugeborenen teilen könnten. Dort gehören diejenigen bereits zu den Glücklichen, die für ein Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter arbeiten. Denen steht nämlich zu 12 Wochen unbezahlten Urlaub in Anspruch zu nehmen. Ja, richtig: unbezahlter Urlaub! In meinen Augen ist dies ziemlich hart.


Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern als Phillip, unser erster Sohn zur Welt kam. Meine Frau und ich lebten zu der Zeit gerade in Washington DC. Ich arbeitete als Schauspieler und kümmerte mich um den Kleinen Untertags. Meine Frau übernahm die Abendschicht als ich ins Theater musste.

„LATTE DADDY“ ODER AU- PAIR?

Wenn ich Untertags am Spielplatz mit Phillip spielte, wurde ich häufig gefragt, ob ich der Au-pair sei. Ich fand dies damals immer sehr lustig.
In Schweden hingegen wurde die geteilte Elternzeit bereits 1974 eingeführt. Väter müssen einen Teil der Zeit übernehmen, um die vollen Vorteile in Anspruch nehmen zu können. Im Schnitt nehmen sie zwischen 3 und 9 Monate Vaterschaftsurlaub.
Väter, die Untertags am Spielplatz oder in Cafés mit ihren Kleinen unterwegs sind, haben dort sogar einen ganz spezifischen Namen. Sie werden „Latte Daddies“ genannt.
Wenn ich damals in Washington den Damen am Spielplatz gesagt hätte, dass ich ein sog. „Latte Daddy“ bin, hätten sie womöglich die Polizei gerufen.

Als Shinjiro Koizumi bereits vor einem halben Jahr ankündigte, dass er nach der Geburt sich eine Auszeit nehmen würde, erhielt er bereits heftigen Gegenwind.
Was ich immer interessant finde, ist zu sehen, wodurch Veränderungen ausgelöst werden.

Kulturelle Normen

Unsere kulturellen Normen sind ein Ausdruck unseres kollektiven Empfindens. Sie bestimmen was wir als gut oder schlecht, richtig oder falsch, schön oder hässlich beurteilen.
Basierend auf unseren kulturellen Werten finden diese Normen in Symbolen, in Helden und in Ritualen ihren Ausdruck.
Während die kulturellen Werte sich nur sehr langsam verändern, verändern sich die Ausdrucksformen jedoch viel häufiger.
Angesichts der stagnierenden wirtschaftlichen Lage Japans der letzten Jahre, gepaart mit hohem Suizid und niedrigen Geburtenraten erlebt Japan einen Bevölkerungsschwund. Und genauso wie in vielen anderen Ländern der westlichen Welt wird die Bevölkerung älter und immer weniger Menschen befinden sich im arbeitsfähigen Alter.

Welche Kräfte führen zur Veränderung?

Daher stellt sich mir die Frage, welche Kräfte in diesem speziellen Fall zusammenkommen:
Sieht Shinjiro Koizumi sich selbst als ein Vorbild, der den Wandel in der Gesellschaft einleiten möchte?
Hat er das Gefühl, dass dieser Wandel zu einem erneuten Bevölkerungswachstum beitragen könnte? Oder sieht er einfach nur einen erfüllenderen Lebensstil darin?
Sehr häufig benötigen wir Helden, die uns Impulse für Veränderungen geben. Vorreiter, die eine Öffnung in der Gesellschaft schaffen, welche dazu führen, dass alte Überzeugungen, Rollen und Rituale hinterfragt werden. Und es benötigt definitiv Menschen, die durch diese Vorbilder inspiriert, ihnen folgen.

Reflexion:

Was sind die Symbole, die Rollen und Rituale Ihrer Welt, die Ihr Verhalten bestimmen?
Wodurch wird das Level an Commitment Ihres Teams und der Kultur Ihres Unternehmens bestimmt?
Welche Öffnung könnten Sie in der Kultur schaffen, um dysfunktionale Überzeugungen, Rollen und Rituale zu hinterfragen?

Schicken Sie mir doch eine Nachricht dazu; ich freue mich auf Ihre Gedanken!

 

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